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Das laute Brummen grosser Maschinen zog meinen 2jährigen Sohn aufs Feld. Wir kletterten aufs Fahrrad, um schneller am Ort des Geschehens zu sein. Sicher im Fahrradsitz, mit ehrfürchtigem Abstand waren wir nun am Maisfeld nahe unseres Hauses. Erst sahen wir einen Häcksler, dann tauchte ein zweiter hinter dem Mais hervor. Begleitet von einem Riesentrecker mit grossem Anhänger. Ein Trecker und Anhänger wartete an der Feldeinfahrt, nahe einer lauten Mischmaschine mit Zuspeisrohr für den Anhänger. Was für eine Motoren- und Lärmansammlung auf dem beschaulichen Maisfeld am Dorfrand! Grad fuhr noch ein weiteres riesiges Treckergespann aufs Feld, sich hinter den anderen Trecker einreihend. Wir fuhren langsam auf dem Feldweg um den Acker herum. Da stand der Nachbarbauer und schaute, stumm. Wir hielten an und gesellten uns zu ihm. „Was für ein Auflauf an schwerem Gerät“ sagte ich. „Das hat nichts mehr mit Ernten zu tun“ antwortete der Bauer, „das ist nur noch Stress. Früher haben wir drei Tage gebraucht, je nach Wetterlage. Heute geht es Tag und Nacht im Akkord und nach paar Stunden ist alles ratzekahl.“ Schweigend schauten wir noch eine Weile zusammen, dann fuhren wir langsam weiter. Die Worte des Bauern berühren mich. Laut tösend und gierig schlucken die Maschinen die Ernte, welche fliessbandmässig abtransportiert wird.

Auf dem Weg zurück danke ich innerlich der Natur für ihre Gaben; würdige Erde, Wasser, Sonne und Samen. Ist es nicht jedes Jahr ein grosses Wunder wieviel wir in mannigfaltiger Fülle ernten dürfen? Mal ist es eine reiche Apfelernte, mal herrliche Karotten; dieses Jahr waren es die Pflaumen, die üppig auf unserer Obstwiese wuchsen. Geschenke der Natur, veredelt durch unsere Pflege und Verarbeitung.

Einige Tage später feierten wir Erntedank auf dem Auenhof. Wir räucherten einige getrocknete Kräuter, zündeten ein Feuer und legten ein Blumenmandala. Als Dank an die Obstbäume fertigten wir Herbststäuße (vor allem mit Ähren und Sonnenblumen) an, mit denen wir die Bäume schmückten und die die Vögel mit ihren Körnern nähren sollen. Wir banden auch einige Maiskolben in die Sträuße hinein und dankten ihnen besonders für ihre Gabe. Bei den Mayas ist der Mais eine heilige Pflanze, jedes Korn wird als Lichtwesen geehrt. Von dieser Tradition inspiriert dachte ich noch einmal an das eilig geerntete Maisfeld am Dorfrand. Ohne die Faszination meines Sohnes für die Motoren wäre ich nicht so nah an das Maisfeld herangefahren, hätte eher abwertenden Abstand gehalten von den aggressiven Erntekolossen. Nun fühle ich mich berührt und versöhnt, kann sowohl den ‚Fortschritt‘ der Technik alsauch die Würdigung der Natur im Herzen beisammen fühlen.